Abhängigkeitserkrankungen
Eine ambulante Psychotherapie kann hier nur durchgeführt werden, wenn es die Patienten bei vorhandener Diagnose schaffen, innerhalb der ersten Wochen und bei Durchführung der sogenannten Motivationsbehandlung ihren Konsum einzustellen und diese Abstinenz auch zu halten. Nur dafür übernehmen die Krankenkassen die Therapiekosten beim niedergelassenen Psychotherapeuten. Sollte das nicht gelingen, so wären andere Massnahmen indiziert, z. B. eine stationäre Entzugsbehandlung im Krankenhaus oder die Aufnahme einer Beratung und evtl. "Entwöhnungsbehandlung" in einer Suchtberatungsstelle oder einer Suchtklinik. Auch dabei wäre ich als Psychotherapeutin unterstützend an Ihrer Seite, damit Sie die für Sie passende Behandlungsform finden können. Ich werde Ihnen aber auch meine klare fachliche Einschätzung nicht vorenthalten. Ob Sie den Empfehlungen folgen, entscheiden selbstverständlich Sie.
Alkoholabhängigkeit bzw. schädlicher Gebrauch von Alkohol
Die Beschaffung und der Konsum von Alkohol bestimmen das Leben zunehmend. Typisch sind fortschreitender Verlust der Kontrolle über das Trinkverhalten bis zum zwanghaften Konsum, Vernachlässigung früherer Interessen zugunsten des Trinkens, Leugnen des Suchtverhaltens, Entzugserscheinungen bei vermindertem Konsum, Toleranz gegenüber Alkohol („Trinkfestigkeit“) sowie Veränderungen der Persönlichkeit.
Es wird unterschieden zwischen Abhängigkeitssyndrom und schädlichem Gebrauch von Alkohol. Letzteres bezeichnet – als schwächere Variante des Missbrauchsverhaltens – einen Alkoholkonsum mit nachweislich schädlicher Wirkung (körperlich oder psychisch), ohne dass eine psychische und/oder körperliche Abhängigkeit vorliegt.
Abhängigkeitssyndrom
Das Diagnosemanual definiert sechs Kriterien, von denen drei oder mehr mindestens einen Monat lang gleichzeitig in den letzten 12 Monaten vorhanden gewesen sein müssen, um die Diagnose eines Abhängigkeitssyndroms stellen zu können:
Starkes oder zwanghaftes Verlangen, Alkohol zu konsumieren (Fachterminus: Craving)
Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich der Menge, des Beginns oder Ende des Konsums (d. h. es wird regelmäßig mehr Alkohol oder über einen längeren Zeitraum konsumiert als geplant oder es bestehen der anhaltende Wunsch und Versuche, den Alkoholkonsum zu verringern oder zu kontrollieren, ohne dass dies nachhaltig gelingt)
Körperliche Entzugserscheinungen bei Konsumstopp oder Konsumreduktion
Nachweis einer Toleranz (um die gewünschte Wirkung hervorzurufen, sind zunehmend größere Mengen an Alkohol erforderlich)
Einengung des Denkens auf Alkohol (d. h. Vernachlässigung anderer Interessen zugunsten des Alkoholkonsums)
Anhaltender Substanzkonsum trotz gesundheitlicher und sozialer Folgeschäden für den Konsumenten, obwohl der Betroffene sich über die Art und das Ausmaß des Schadens bewusst ist oder bewusst sein könnte (z. B. Leberkrankheiten wie Leberzirrhose, eine Verschlechterung der kognitiven Funktionen, Verlust des Führerscheins oder Arbeitsplatzes, Trennung des Lebenspartners, Rückzug des Bekannten- und Freundeskreises etc.)
Schädlicher Gebrauch von Alkohol
Vom Abhängigkeitssyndrom unterschieden wird der schädliche Gebrauch von Alkohol oder Alkoholmissbrauch. Diese Diagnose wird vergeben, wenn bisher kein Abhängigkeitssyndrom vorliegt, jedoch dem Betroffenen (oder seinem sozialen Umfeld) körperliche oder psychische Schäden durch seinen Alkoholkonsum entstanden sind (z. B. Unfall). Für die Diagnose muss das schädliche Gebrauchsmuster seit mindestens einem Monat bestehen oder über ein Jahr hinweg mehrfach aufgetreten sein.
Krankheitsverlauf und -bild
Die Alkoholkrankheit verläuft nicht einheitlich. Die Vorstellung von einer Alkoholabhängigkeit als einheitlich verlaufender, chronisch-progredienter (dauerhaft fortschreitender), schließlich zu sozialem Abstieg oder Tod führender Prozess hat sich als falsch erwiesen.
Die Alkoholkrankheit kann bereits durch regelmäßigen Konsum kleiner Mengen beginnen. Nicht immer fallen die Betroffenen durch häufige Rauschzustände auf. Die Alkoholkrankheit ist nicht immer von außen bemerkbar. Ist der Betroffene weiterhin leistungsfähig, spricht man von einem funktionierenden Alkoholiker. Die Krankheit verläuft oft relativ unauffällig und langsam, meist über mehrere Jahre hinweg. Den Betroffenen wird die Schwere ihrer Krankheit oft nicht bewusst, oft leugnen sie sie ganz.
Folgen für die Familie
Die Probleme eines Alkoholkranken werden oft vom Lebenspartner und von der ganzen Familie mitgetragen oder kompensiert. Einerseits gewinnen letztere aus ihrer Hilfeleistung eine persönliche oder gesellschaftliche Anerkennung, andererseits auch eine Entwertung. Das Gefühl, dem Alkoholkranken zu helfen, kann anfangs das persönliche Selbstwertgefühl steigern. Später dominiert ein Gefühl der Hilflosigkeit. In Selbsthilfegruppen – Al-Anon – wird die Alkoholkrankheit als Familienkrankheit gesehen. Der Grund: In der Familie bzw. in der Partnerschaft sind oft alle an einer Manifestation der Sucht und deren sozialen Folgen beteiligt. Durch Verleugnung der Probleme und der Denkmuster, aber auch durch das Verhalten der Angehörigen selbst wird die Krankheit des Alkoholikers stabilisiert und ein professioneller Versuch der Genesung erschwert. Partner oder Angehörige, die solchen Mechanismen unterliegen, werden als Co-Alkoholiker bezeichnet.
Ein großes Problem ist die Alkoholabhängigkeit alter Menschen. Sie leben oftmals allein und können ihre Trinkgewohnheit verbergen. Es kann zum körperlichen und geistigen Abbau kommen, bis hin zur Demenz.
Besonders stark leiden Kinder und Jugendliche in alkoholbelasteten Familien. Sie haben unter anderem in der Schule und beim Berufseinstieg vielfach schlechtere Chancen. Viele Kinder bekommen selber, zum Teil auch (epi-)genetisch bedingt, psychische oder Alkoholprobleme – teilweise lebenslang.
Wer alkoholkrank ist, hat eine im Durchschnitt 20 Jahre geringere Lebenserwartung. Langfristiger Alkoholmissbrauch bedingt oft (teils chronische) Folgekrankheiten.
Drogenabhängigkeit und Schädlicher Gebrauch von Drogen
In den Suchtberatungsstellen stellen die "Cannabiker" neben den Alkoholikern eine weitere große Gruppe der Behandlungsbedürftigen dar.
Die Kriterien für die Diagnose Cannabisabhängigkeit sind ähnlich wie bei der Diagnose der Alkoholabhängigkeit. Auch der Schädliche Gebrauch ist ähnlich definiert wie beim Alkohol. Inzwischen gibt es hilfreiche, verhaltenstherapeutische Programme, die den Betreffenden nachweislich helfen können, ihren Konsum zu verringern oder ganz zu beenden. An der Studie CANDIS der Universität Dresden habe ich 2009 selber als Psychotherapeutin teilgenommen und konnte deren Wirksamkeit mit herausfinden.
Medikamentenabhängigkeit
Obwohl es eine große Gruppe an medikamentenabhängigen Menschen gibt, begeben sich relativ wenige in Behandlung. Meistens handelt es sich um Abhängigkeiten von Schlaf-, Beruhigungs- und Schmerztabletten.
Pathologisches Glücksspiel
Eine Glücksspielabhängigkeit ist eine Verhaltenssucht, keine stoffgebundene. Im ICD-10, dem Diagnosenhandbuch, welches als Grundlage für die Vergabe einer Diagnose dient, wird die Erkrankung auch nicht als Abhängigkeit geführt, sondern ist den "Impulskontrollstörungen" zugeordnet. Aus der neuropsychologischen Forschung wissen wir aber, dass die gleichen Hirnareale aktivert werden (das Belohnungssystem), wie bei stoffgebundenen Abhängigkeiten.
Oft geht es um Automatenspiele in Spielhallen oder Gaststätten, um Onlinewetten oder Pokern. Meistens beginnt es mit einem oft nicht einmal großen Gewinn, der ein Glücksgefühl auslöst, welches die betreffende Person (verständlicherweise) wiederholen möchte. Dies gelingt in der Regel nicht. Dennoch führen diese Erfahrungen nicht zur Verhaltensänderung, sondern es wird weiter versucht, einen Gewinn einzufahren. Die Personen gehen häufig von Kontrollüberzeugungen aus, so als hätten sie es in der Hand, zu gewinnen. Diese Kontrollüberzeugungen werden z. B. auch von der Glücksspielautomatenindustrie gefördert, indem die Apparate dahingehend manipuliert sind. Liegt eine Abhängigkeit vor, reicht oft auch keine Einsicht in die eigenen Denkfehler, um das Verhalten zu verändern, man benötigt dann fachliche Unterstützung, um eine Verhaltensänderung herbeiführen zu können.
Die psychischen und sozialen Folgen des Pathologischen Glücksspiels sind gravierend. Nicht Wenige verspielen ihren gesamten Besitz und riskieren ihre familiären Beziehungen. Oft führt erst eine Trennung oder ein Arbeitsplatzverlust zu der Motivation, etwas verändern zu wollen.
Medienabhängigkeit
Diese Diagnose ist noch sehr jung, im ICD-10 noch nicht zu finden. Die Entwicklung unserer PC's, smartphones, i-phones etc. haben uns neben vielen positiven Fortschritten auch weitere Erkankungsmöglichkeiten gebracht. Oft geht es hier um sogenannte "Ballerspiele" oder Spiele, die in Communities gespielt werden und über ein hohes Suchtpotential verfügen. Aber auch Aktivitäten in sozialen Netzwerken, in denen man sich Rollen geben kann, die man im wahren Leben nicht hat, zählen dazu.
Da wir nicht auf die Technik verzichten können, geht es in erster Linie um die Erlangung von Medienkompetenz. Jemand, der seinen Medienkonsum nicht mehr kontrollieren kann, muss wieder lernen, darüber die Kontrolle zu erlangen.